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28.10.2024

Neueste Forschungsergebnisse und viele Tipps für den Alltag beim MS-Tag im Caritas-Krankenhaus

Das war der 14. Bad Mergentheimer MS-Tag

Das war der 14. Bad Mergentheimer MS-Tag

Neueste Forschungsergebnisse zu MS-Medikamenten und viele Tipps für den Alltag mit Multipler Sklerose bekamen die rund 200 Besucherinnen und Besucher beim 14. MS-Tag im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim am vergangenen Wochenende. Die chronische Erkrankung des Zentralen Nervensystems ist zwar nicht heilbar, aber es gibt verschiedene neue Therapieansätze.

Von einem „kurz vor einer wahrscheinlichen Zulassung stehenden Durchbruch bei der Behandlung der chronisch-progredienten MS“, berichtete Prof. Dr. Mathias Buttmann in seinem Vortrag. Der Chefarzt der Klinik für Neurologie im Caritas-Krankenhaus und MS-Spezialist stellte neueste wissenschaftliche Erkenntnisse vom weltgrößten MS-Kongress ECTRIMS vor, der vom 18.-20. September in Kopenhagen stattgefunden hat. „Die sog. BTK-Inhibitoren sind eine neue Substanzgruppe, die die sog. Blut-Hirn-Schranke gut überwinden und direkt auf schädigende Mikrogliazellen im Gehirn wirken kann, die durch bisherige Medikamente nicht oder kaum erreicht wurden. In der Phase-3-Studie HERCULES reduzierte der BTK-Inhibitor Tolebrutinib bei Menschen mit einer sekundär progredienten MS ohne überlagerte Schübe das Risiko neuer bleibender Einschränkungen gegenüber einem Placebo um 31 %, bei einem kleinen Teil der MS-Erkrankten haben sich die Einschränkungen sogar verbessert“, so Prof. Dr. Buttmann. „Das ist ein echter Meilenstein: Erstmals sehen wir eine signifikante therapeutische Beeinflussung des Verlaufs bei Menschen mit einer chronisch-progredienten MS ohne Entzündungsaktivität.“

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Bei etwa jedem zweihundertsten Studienteilnehmer wurden unter dem Medikament in den ersten drei Therapiemonaten ausgeprägte Leberwerterhöhungen beobachtet, die sich nach Absetzen des Medikaments allerdings wieder zurückbildeten, weshalb zu Therapiebeginnen laut Buttmann ggf. engmaschige Kontrollen der Leberwerte erforderlich sein werden. Mit einer wahrscheinlichen Zulassung von Tolebrutinib rechnet der Facharzt für Neurologie Ende 2025 oder Anfang 2026.

Während Tolebrutinib auf die vor allem für Krankheitsschübe verantwortlichen Immunzellen im Blut nur relativ schwache Effekte habe, ließen sich Krankheitsschübe mit sog. Anti-CD20-Antikörpern sehr effektiv verhindern. Diese Medikamente sollten allerdings in erster Linie Patienten mit einem entzündungsaktiven Verlauf vorbehalten bleiben, da die sehr gut vor Schüben schützende Wirkung wahrscheinlich gerade bei längerer Therapiedauer mit einem etwas erhöhten Infektionsrisiko erkauft werde. Eine gute Nachricht hatte Prof. Buttmann dennoch: „Trotz der starken Wirkung auf das Immunsystem gibt es keinen Anhalt für ein erhöhtes Krebsrisiko unter einer Anti-CD20-Therapie.“

Buttmann machte klar, dass es nicht das eine perfekte Medikament für alle gebe. Auch sogenannte Basistherapien hätten weiter ihre Berechtigung. „Entscheidend für die Wahl der Therapie bleibt eine fundierte individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung“, machte er deutlich. Unterstützend sollten Menschen mit MS im Winter einen Vitamin-D-Mangel vermeiden, z.B. durch Einnahme von 20.000 Einheiten Vitamin D3 pro Woche, was wahrscheinlich einen zusätzlichen leichten günstigen Effekt ausüben könne.

Neben der verlaufsmodifizierenden Therapie mit Medikamenten spielt bei der MS die symptomatische Therapie eine wichtige Rolle. Wie die Betroffenen von verschiedenen Reha-Maßnahmen profitieren können, stellte Prof. Dr. Peter Flachenecker in seinem Vortrag vor. Deutschland verfüge zumindest derzeit noch über ein weltweit einmaliges Reha-System, so der Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof in Bad Wildbad. „Ziele der Reha bei der chronischen Erkrankung MS können eine Verbesserung, aber auch ein Erhalt alltagsrelevanter Funktionen sein.“ Als konkrete Beispiele nannte er eine individuell bedarfsorientierte Verbesserung der Gehfähigkeit, der Feinmotorik und des Sprechens oder auch der Aufmerksamkeit und der Fatigue. Diese äußerlich nicht sichtbare abnorme Ermüdbarkeit und Erschöpfbarkeit belaste viele Menschen mit MS. „Je nach individuellem Aufnahmebefund kommen Physiotherapie, Ergotherapie, Logotherapie oder auch Kunsttherapie zum Einsatz, meist in Kombination.“

Besonders intensiv ging Prof. Flachenecker auf die Fatigue bei MS ein, zu deren Erforschung er wichtige Beiträge geleistet hat. „Fatigue ist nicht dasselbe wie eine Depression; man kann Fatigue behandeln, auch mit Dingen, die man selbst tun kann.“ Als Beispiele nannte er Kraft- und Ausdauertraining, die Erwärmung des Körpers vermeiden etwa mit Kühlwesten und bewusst Pausen einlegen, bevor eine Erschöpfung eintritt. „In der Reha arbeiten wir darüber hinaus mit spezifischem Aufmerksamkeitstraining, Sport- und Bewegungstherapie sowie kognitiver Verhaltenstherapie.“ Grundsätzlich ist eine Reha alle vier Jahre möglich, bei medizinischer Notwendigkeit aber auch öfter. Dies bedarf dann einer medizinischen Begründung.

Dr. Waldemar Kafke, Oberarzt der Klinik für Neurologie im Caritas-Krankenhaus, informierte in seinem Vortrag über MS und Begleiterkrankungen und zeigte die Risiken und Chancen deren wechselseitiger Beeinflussung auf. „Häufige Begleiterkrankungen bei MS sind zum Beispiel Depressionen und Herzkreislauferkrankungen. Diese können die MS-Diagnosestellung und damit einen frühen Therapiebeginn verzögern oder den Verlauf und damit die Lebensqualität negativ beeinflussen.“ Dr. Kafke empfahl daher eine möglichst frühe Diagnostik vor allem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Und er hatte noch einen wichtigen Rat für alle Raucher mit MS: „Es ist nie zu spät, mit dem Rauchen aufzuhören. Der Effekt entspricht in der Stärke etwa einer Basistherapie.“

Viele weitere Fragen, etwa zum Absetzen von Medikamenten oder zu Medikamenten in der Schwangerschaft und Stillzeit, beantworteten die Referenten sowie der in Bad Mergentheim niedergelassene Neurologe Dr. Herbert Hock in der offenen Fragestunde „Meet the Expert“. In der Pause konnten sich die Besucher außerdem an zahlreichen Infoständen im Foyer des Caritas-Krankenhauses informieren. Großen Andrang gab es auch bei den verschiedenen Workshops. Die Physiotherapieschule Sanitas Tauberfranken stellte Übungen für Menschen mit unterschiedlichem Grad der Einschränkungen vor und gab Anleitung zum Krafttraining, auch hatte man schriftliche Infomaterialien vorbereitet. Logopädin Mara Müller und Ergotherapeutin Carmen Schaffer standen in ihren Workshops für die Fragen der Besucher zur Verfügung. Michael Mittnacht und Sabine Balschun demonstrierten Hilfsmittel für pflegende Angehörige. Wichtige Ansprechpartner waren außerdem die MS-Selbsthilfegruppen aus der Region.

Nach dem erneut großen Erfolg des diesjährigen 14. MS-Tags am Caritas-Krankenhaus steht der Termin für den 15. MS-Tag bereits fest: Es darf der 18.10.2025 im Kalender vorgemerkt werden.

 
 

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