06.07.2023
Im Herzkatheterlabor im Caritas-Krankenhaus wird seit kurzem das minimal-invasive Clipping-Verfahren zur Therapie von Mitralklappeninsuffizienz (Undichtigkeit der Mitralklappe) angeboten. Unter Leitung von Chefarzt Privatdozent Dr. Sebastian Herrmann konnten in den vergangenen Wochen erstmals mehrere Patient*innen mit dieser Herzerkrankung erfolgreich behandelt werden. Damit baut die Kardiologie im Caritas-Krankenhaus ihr Behandlungsspektrum weiter aus.
„Wie
ein Ventil reguliert die Mitralklappe den Blutfluss aus dem linken Vorhof des
Herzens in die linke Herzkammer. Schließt die Klappe nicht vollständig, spricht
man von einer Mitralklappeninsuffizienz. Dann kann ein Teil des Blutes in den
Vorhof zurück und in den Lungenkreislauf fließen. Der Patient oder die
Patientin leidet in der Folge an Luftnot, Wassereinlagerungen und deutlich
geringerer Belastbarkeit. Auf Dauer wird der Herzmuskel geschädigt“, erklärt
der Chefarzt der Medizinischen Klinik 1 und Kardiologe PD Dr. Sebastian
Herrmann. „Bis zu 20 Prozent der Menschen entwickeln im Laufe des Lebens eine
Herzschwäche, vor allem dann, wenn bereits andere Erkrankungen vorliegen. Es
ist wichtig, dass der Arzt oder die Ärztin erkennt, wann Medikamente alleine
nicht mehr ausreichen, um diese zu behandeln.“ Die Insuffizienz der Mitralklappe
werde dann meist operativ behandelt.
„Allerdings ist eine Operation am offenen Herzen in höherem Alter oder bei einer Vielzahl an Begleiterkrankungen nicht immer möglich“, betont der Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, internistische Intensivmedizin, interventionelle Kardiologie (DGK), Herzinsuffizienz (DGK) und Sportkardiologie (DGK). Das Mitral-Clipping ist dann eine Alternative. Unter seiner Leitung setzte PD Dr. Herrmann mit seinem Team im Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim im Mai zum ersten Mal erfolgreich einem Patienten mit dem Katheter-gestützten Verfahren einen sogenannten MitraClip der Firma Abbott Vascular ein.
Der Eingriff erfolgt dabei in Vollnarkose. Über die Vene in der Leiste wird der Katheter in den rechten Vorhof des Herzens geführt. Zunächst punktiert Herrmann mit einem dünnen Draht die Scheidewand zwischen dem rechten und dem linken Vorhof seiner Patientin. „Der Draht durchsticht die Scheidewand und gewährt uns so Zugang von der rechten in die linke Herzkammer“, erklärt Herrmann. Diese Methode sei der gängige Weg, bewährt beispielsweise in der Elektrophysiologie und bei anderen Eingriffen, die seit langem im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim durchgeführt werden. Jeder Handgriff wird ständig unter Röntgen und im Ultraschall überwacht und auf einen großen Bildschirm übertragen. Sitzt der Draht an der richtigen Stelle, beginnen PD Dr. Herrmann und sein Team an einem Tisch zu Füßen der Patientin damit, das Gerät zum Einsatz des MitraClips zusammenzubauen. Der MitraClip ähnelt in seiner Form einer sehr schmalen Wäscheklammer, die mit ihren Greifarmen jeweils rechts und links eine Hautschicht greifen kann. Der Arzt kann auf Basis der Ausmessungen in der Ultraschall-Voruntersuchung zwischen vier verschiedenen Clip-Größen wählen.
Die Kardiologen befeuchten den Schlauch, an dessen vorderem Ende der MitraClip sitzt und stecken zwei Buchsen zusammen, die den Schlauch führen und am Ende den MitraClip öffnen werden. Dann drehen sie drei Schrauben in den Stabilisator, auf dem der Schlauch zum Einführen sicher platziert wird. Anschließend prüfen sie den Luftdruck in den Buchsen und drehen den MitraClip testweise auf und zu. Erst wenn alles einwandfrei funktioniert, beginnen die Ärzte den Schlauch über die Vene einzuführen. „Das ist dann wortwörtlich Millimeter-Arbeit“, erklärt Chefarzt Herrmann. 45 Minuten später ist der Schlauch mit dem MitraClip an der Spitze an der richtigen Stelle. „Jetzt gilt es beide Mitralklappensegel passgenau mit dem MitraClip zu greifen, um hier so viel Spannung auf die Herzklappensegel zu bekommen, dass diese künftig wieder dicht schließen können. Dafür können wir jede Seite einzeln oder beide Seiten simultan zugreifen lassen“, erklärt Dr. Herrmann. Je nach Festigkeit des Gewebes, Lage und Form der Mitralklappensegel und Komplexität könne der Eingriff zwischen einer und mehreren Stunden dauern. „Wir führen den Einsatz des MitraClips seit Mai 2023 zwei Mal pro Monat durch mit jeweils zwei Patient*innen je Tag“, erklärt Herrmann. Die bisher durchgeführten minimal-invasiven Eingriffe seien äußerst positiv verlaufen. „Besonders hervorzuheben ist die hohe Sicherheit und die niedrige Komplikationsrate dieses Verfahrens.“ Der Kardiologe kann dabei u.a. auf seine jahrelangen Erfahrungen an der Universitätsklinik Würzburg zurückgreifen.
Seit Oktober 2022 ist PD Dr. Sebastian Herrmann Chefarzt der Medizinischen Klinik 1, Kardiologie des Caritas-Krankenhauses Bad Mergentheim. Die grundlegende Aufgabe seiner Abteilung sieht er darin, die Notfallversorgung bei Herzinfarktpatienten in der Region zu sichern. Zugleich baut er mit seinem Team die Diagnostik- und Therapieverfahren im Caritas-Krankenhaus angesichts einer immer stärkeren Spezialisierung im Bereich der Kardiologie weiter aus. Neben dem MitraClip-Eingriff stehen weitere Erweiterungen des Spektrums an.