16.10.2018
Die Entwicklung der Chirurgie hin zu kleinen Schnitte und einer zunehmenden Spezialisierung wurde beim Tag der offenen Tür am Sanstag, 13. Oktober im Caritas-Krankenhaus lebendig. Großes Interesse gab es vor allem beim Rundgang durch den OP, in dem Ärzte und Pflegende die Instrumente und Abläufe anschaulich erläuterten. In der liebevoll aufgebauten Teddy-Klinik konnten die kleinen Besucher ihre Kuschekltiere verarzten.
Im wachen
Zustand auf dem OP-Tisch liegen, voll bekleidet, angeschlossen an einen
Überwachungsmonitor - was der Patient sonst nur in Narkose erlebt, konnten sich
Besucher am vergangenen Samstag beim Tag der offenen Tür im Caritas-Krankenhaus
Bad Mergentheim bei vollem Bewusstsein anschauen. Vor allem der OP mit dem
Vorbereitungsraum der Anästhesisten zog dabei die Aufmerksamkeit der Besucher
auf sich. Auch die Allerkleinsten durften in der Teddyklinik mit "Skalpell" und
Pinzette operieren üben wie die Großen. Anlass für
den Tag der offenen Tür war ein Jubiläum: Vor genau 20 Jahren im Oktober 1998
zog das Chirurgische Kreiskrankenhaus von der Wachbacher Straße ins
Caritas-Krankenhaus. Die Geschichte der Chirurgie seit dieser Zeit und zurück
bis Ende der sechziger Jahre ließen die drei Chefärzte, die die Chirurgie in
Bad Mergentheim und der Region seither geprägt haben, lebendig werden.
Früher große Bauchschnitte erforderlich
Prof. Dr.
Helmut Schaudig, inzwischen 92 Jahre alt und von 1967 bis 1991 Chefarzt im
Kreiskrankenhaus, referierte frei und mit greifbarem Anschauungsmaterial, mit
welch großen Schnitten zu seiner Zeit operiert wurde. "Die Patienten kamen oft
ohne große Vorbefunde zu uns auf den Tisch, Ultraschalluntersuchungen gab es
kaum und wenn dann in schlechter Qualität", berichtete er. "Wir mussten den
Bauchraum mit einem großen Schnitt eröffnen und dann erst während der Operation
das weitere Vorgehen entscheiden." Viele schwere Erkrankungen wie Gastritis
oder Magenblutungen sehe man heute durch die Möglichkeiten der früheren
Diagnostik und medikamentösen Therapie in der Chirurgie gar nicht mehr. "Hier
hat die Medizintechnik unglaublich viel geleistet, um die Medizin sicherer zu
machen."
Seit 1991 minimal-invasive Chirurgie im Caritas
An der
Entwicklung von vielen chirurgischen Instrumenten war auch Prof. Dr. Gottfried
Müller, Chefarzt der Chirurgie von 1991 bis 2011, aktiv beteiligt. Verfahren
wie die Vakuumtherapie wurden von ihm erstmals 1996 im Caritas-Krankenhaus
durchgeführt und gehören mittlerweile zum anerkannten Standard. Prof. Dr.
Müller verwies außerdem auf die zentrale Entwicklung seiner Zeit, die
Einführung der sog. "Schlüssellochchirurgie", die schon früh ab 1991/92 auch im
Caritas-Krankenhaus angewandt wurde.
Patienten erholen sich schneller
Wie sehr
dieses minimal-invasive Operationsverfahren die Medizin verändert hat, machte
Prof. Dr. Peter Baier, seit 2011 Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-
und Gefäßchirurgie im Caritas-Kraneknhaus in seinem Vortrag deutlich. "Während
ein Patient nach einer offenen Gallenoperation durch Prof. Schaudig drei Wochen
im Krankenhaus bleiben musste, kann der Patient heute nach einem sog.
laparoskopischem Galleneingriff mit kleinen Schnitten nach vier Tagen die
Klinik wieder verlassen. Das Operationstrauma ist geringer und die Patienten
erholen sich deutlich schneller."
Zunehmende Spezialisierung und ältere Patienten
Zweite wichtige Entwicklung sei die
zunehmende Spezialisierung. "Wir haben heute z. B. Spezialisten für
Lungenchirurgie, Bauch- und Hernienchirurgie, für Eingriffe an den Blutgefäßen
oder für die Tumorchirurgie. Man muss solche Dinge häufig machen und sich
spezialisieren, um es gut zu machen", so Prof. Dr. Baier. Denn die
Operationsergebnisse seien heute bundesweit transparent und vergleichbar. So
gelinge es auch im Caritas-Krankenhaus in der Chirurgie Spitzenergebnisse zu
erreichen. Als weitere wichtige Entwicklung in der Chirurgie der letzten 20
Jahre nannte er die Alterschirurgie: "Während man in den 90er Jahren darüber
diskutierte, ob man einen 70jährigen Patienten noch operieren sollte, ist das
heute ganz normal. Wir operieren heute viel ältere Patienten mit gutem Ergebnis."
Anästhesie nimmt Schmerzen
Mit zu diesen
Entwicklungen beigetragen haben auch die immer besser wirksamen Möglichkeiten
der Anästhesie. Diese stellte der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und
Intensivmedizin im Caritas-Krankenhaus Prof. Dr. Hubert Böhrer vor. "Bis ins
19. Jahrhundert gab es überhaupt keine Narkose, die Patienten wurden in wachem
Zustand operiert und dabei fixiert und festgehalten." Erst 1846 habe sich das
mit Einführung der Äthernarkose, bei der Äther auf eine Maske über dem Gesicht
geträufelt wurde, geändert. "Heute sorgen wir durch eine Kombination von
Wirkstoffen, die über die Venen in den Körper des Patienten gelangen, dass der
Patient einschläft, keine Schmerzen während der OP empfindet und auch die
Muskeln erschlaffen", so Prof. Dr. Böhrer. Die Atmung des Patienten werde während
einer längeren OP dann vom Anästhesisten übernommen.
OP zum Anfassen
Wie genau das
funktioniert, konnten sich die Besucher im OP anschauen. Hier zeigten Ärzte und
Anästhesiepfleger anschaulich, wie die Narkose eingeleitet wird und demonstrierten
die Beatmung des Patienten mit einem Beutel und mit Beatmungsschläuchen. Besucher
durften sich auf den OP-Tisch legen, der während der OP mit einem Luftkissen
erwärmt wird, um eine Auskühlung des Patienten zu verhindern. OP-Schwester
Angelika demonstrierte OP-Instrumente wie Scheren, Pinzetten, Spreizer und
Klemmen sowie die Instrumente für minimalinvasive Eingriffe. Diese Instrumente konnten
die Besucher an einem Übungsturm in der Eingangshalle unter Anleitung der
Chirurgen selbst an einem Modell ausprobieren. Hier standen auch die Ärzte aus
den verschiedenen chirurgischen Fächern für Fragen der Besucher zur Verfügung. Oberärztin
Dr. Franziska Fenner demonstrierte einen Ultraschall der Schilddrüse, die
Operation von Blutgefäßen zeigte Sektionsleiter Dr. Raschdorf. Wie man einen
Leisten- oder Bauchwandbruch operieren kann, erläuterte Oberarzt Dr. Bach. Die
Tumorchirurgie an Darm und Lunge erläuterten Prof. Dr. Baier und Dr. Sander. Außerdem
konnten sich die Besucher Blutdruck und Blutzucker messen lassen.
Teddyklinik begeistert Kinder
Eine
komplette Untersuchung und Behandlung gratis gab es außerdem für alle Teddys
und andere Kuscheltiere, die die kleinen Besucher mit ins Caritas gebracht
hatten. In der liebevoll und mit viel Phantasie aufgebauten "Teddyklinik" gab
es von der Anmeldung, über das Wartezimmer bis hin zum Röntgenapparat und der
Behandlung mit Spritze und Verband alles, was zu einem echten Krankenhaus
gehört. Ganz Mutige durften ihren Teddy auch operieren: Angezogen mit OP-Kittel,
Mundschutz, Haube und Handschuhen wurde erst ein langer Schnitt gesetzt und
dann mit der Pinzette die großen Murmeln aus dem Bauch des Teddy-Patienten
geholt, der am Ende mit einem Rezept über 1 Päckchen Gummibären wieder ganz
schnell gesund wurde.